Zugangsvoraussetzungen:
Das Haus „Lernen zu Leben“ bietet 12 männlichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen einen Platz zum Leben. Unsere Zielgruppe sind männliche Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren in Verbindung mit § 35a SGB VIII. Die Jugendlichen erhalten bei uns für die Dauer ihres Aufenthalts Sicherheit, Struktur und einen Platz zum Leben. Besonders qualifiziert sind wir bei vorliegenden Suchtproblemen und bei akut oder stark gefährdendem Konsumverhalten mit legalen und/oder illegalen Substanzen. Die Erfahrung zeigt, dass es keine scharfe Trennung zwischen Abhängigkeit und Delinquenz gibt, da beide Störungen oft ineinandergreifen.
Falls der Jugendliche aktuell noch konsumiert, ist nach der Aufnahme in der Regel eine qualifizierte stationäre Entgiftung vorgesehen.
Darüber hinaus werden auch UmA´s (unbegleitete minderjährige Ausländer) aufgenommen, insofern sie bereit sind, ein abstinenzorientiertes Leben anzustreben. Wir bieten auch Jugendlichen ohne Abhängigkeitsproblematik die Möglichkeit zu uns zu kommen insofern sie bereit sind, die Regeln des Hauses zu befolgen.
Zu Beginn der Maßnahme findet ein 1-wöchiges Probewohnen statt, während dieser Zeit können wir den Jugendlichen und der Jugendliche unsere Einrichtung und unser Arbeiten kennen lernen. Nach dem Probewohnen wird in einem ausführlichem Gespräch nochmals die Motivation des Jugendlichen/jungen Erwachsenen geprüft, wenn sich beide Parteien eine weitere Zusammenarbeit vorstellen können, kommt es zur entgültigen Aufnahme.
Konzeption:
Lange Zeit war (und ist) in Deutschland die Arbeit mit Süchtigen durch eher restriktive Maßnahmen bestimmt. Die Einrichtungen und deren Mitarbeiter gingen von der Notwendigkeit aus, ein gewisses Maß an Leidensdruck bei ihren Klienten zu erzeugen. Aus diesem Grund wurde postuliert, dass rückfällige Personen sehr wohl wissen, was ihr Verhalten für Konsequenzen mit sich bringt. Nicht selten bedeutete dieser Umstand für einen rückfälligen Klienten die disziplinarische Entlassung aus der jeweiligen Einrichtung. Als Grund dafür wurde die Gefährdung der anderen Klienten/Bewohner genannt.
Leider wurde fälschlicherweise genau diese Vorgehensweise lange Zeit auf Kinder und Jugendliche übertragen. Aus unserer Sicht sind Jugendliche kognitiv noch nicht in der Lage, die Konsequenzen ihres Handelns komplett zu begreifen, dies gilt im Besonderen auch bei Konsum von Drogen/Alkohol. Dieser Aspekt wird in unserem Konzept besonders berücksichtigt.
Abstinenz als Ziel:
In vielen Jugendhilfeeinrichtungen ist der sogenannte „absolut abstinenzorientierte Ansatz“ noch immer die primäre Arbeitsweise. Die aktuelle Suchtforschung geht mittlerweile davon aus, dass dieser Ansatz nicht mehr zeitgemäß ist und durch bedingte Akzeptanz und einem offenen und ehrlichen, konfrontativen Umgang mit Rückfällen bessere Ergebnisse zu erreichen sind.
Ein angemessener Umgang mit den sogenannten „legalen Alltagsdrogen“ wie Alkohol und Zigaretten muss von den Jugendlichen meist noch erlernt werden. Diesem Umstand wird ebenfalls Rechnung getragen.
Wir gehen davon aus, dass Menschen mehrere Versuche brauchen um destruktives Verhalten zu überwinden bzw. aus diesem herauszuwachsen. Beziehungsabbrüche sind gerade in Phasen von Rückfällen kontraindiziert. Bei Klienten mit Suchtproblematik ist es von besonderer Bedeutung, konstruktiv mit Rückfällen umzugehen und Lösungsansätze zu entwickeln.
Dies bedeutet nicht, dass Abstinenz nicht als zu erreichendes Ziel dargestellt oder angestrebt wird. Allerdings wird den neueren Erkenntnissen aus der Suchtforschung noch immer nicht oder eher selten Rechnung getragen. Es wäre naiv zu behaupten, dass alle Menschen mit Suchtproblematik, die sich in einer Maßnahme befinden, das Ziel der Abstinenz verfolgen oder erreichen. Das Konzept unserer Jugendhilfe Haus „Lernen zu Leben“ berücksichtigt im Besonderen diesen Sachverhalt. Dabei verfolgen wir einen Mittelweg zwischen dem sogenannten „abstinenzorientierten Ansatz“ und dem „akzeptanzorientierten Ansatz“.
Diese Vorgehensweise lässt Spielraum bei der Behandlung der Jugendlichen und macht Schluss mit dem „Tabu“ des Rückfalls. Mit anderen Worten, das Thema kann verbalisiert werden und muss nicht zwangsläufig mit der disziplinarischen Entlassung enden. Im Gegenteil, diesem Verhalten kann konstruktiv und mit therapeutischen Methoden begegnet werden. Wir belohnen gewünschtes Verhalten und belegen ungewünschtes Verhalten mit Konsequenzen.
Stufenmodel:
Drei Wochen Kontaktpause nach außen (Ausnahmen sind Sorgeberechtigte, Professionelle und nicht konsumierende Verwandte)
In der Kontaktpause müssen die Jugendlichen im Haus mithelfen. Über ein Punktesystem wird die Motivation und Zuverlässigkeit bei diesen Tätigkeiten festgestellt. Bei Erreichen der vorgegebenen Punkte können abends Unterhaltungsmedien ausgeliehen werden (Playstation, DVD-Player, Leihfernseher o.ä.).
Der Umgang mit Handys wird mit den Jugendlichen eingeübt, Handys werden zu festen Zeiten ausgegeben und müssen ansonsten abgegeben werden.
Fahrten ins frühere Umfeld, in dem die Gefahr des Drogenkonsums besteht, sind die ersten sechs Monate nicht gestattet.
Heimfahrten mit Übernachtung sind in den ersten sechs Monaten nicht möglich. Ausnahmen können in Einzelfällen bei Jugendlichen, die keine Drogenproblematik aufweisen, erteilt werden.
- Schule und Ausbildung:
Die Jugendlichen werden nach Ablauf der Kontaktpause und entsprechend ihrer Bedürfnisse in die umliegenden Regelschulen vermittelt, auch werden unsere Klienten bei Schule, Praktika und Ausbildung sehr engmaschig von uns betreut. Kurze Wege zu den Lehrern und Ausbildern sowie flankierende Maßnahmen wie z. B. Gruppen-, Einzelgespräche und ganz praktisch regelmäßige Drogenscreenings und Alkoholtests, die nicht zuletzt auch den Jugendlichen ein hohes Maß an Sicherheit geben sollen, unterstützen diesen Prozess.
Freizeit und Erlebnispädagogik:
Unsere Jugendhilfe Haus Lernen zu Leben stellt Jugendlichen und jungen Erwachsenen ihren Bedürfnissen entsprechend eine breite Palette von geplanten und organisierten Möglichkeiten der Freizeitgestaltung zur Verfügung.
Wir ermutigen die jungen Menschen, sich freiwillig, bewusst und kritisch auf die Angebote einzulassen. Die Wünsche der Jugendlichen werden bei der Freizeitgestaltung berücksichtigt.
Mögliche Aktivitäten sind z. B.:
- Joggen
- Schwimmen
- kreative Workshops
- Vereinsaktivitäten
- und vieles andere mehr
Familiengespräche:
In einer entwicklungsorientierten Jugendhilfe sind begleitende Familiengespräche fester Bestandteil unserer Arbeit. Der Prozess der Neuorientierung und Veränderung wird kommunikativ begleitet und durch regelmäßige Familiengespräche unterstützt.
Eltern und Familien werden von uns als gleichberechtigte Partner betrachtet, ihnen begegnen wir mit Wertschätzung und Respekt.
Dabei sind wir uns bewusst, dass wir sie nicht verändern, sondern nur anregen können, alte Muster loszulassen und neue Wege auszuprobieren. In den unterschiedlichen Formen der Zusammenarbeit versuchen wir, bei allen Beteiligten Mut auf Veränderung zu wecken, und so den Boden für gute Entwicklungsmöglichkeiten zu bereiten.
